Jeder kennt es. Man isst häufig das selbe Frühstück. Monster-Routine. Haferflocken mit Joghurt und Früchten. Immer genau 3,5 Broteinheiten. Doch von einem Tag auf den Anderen reicht das dafür gespritzte Insulin nicht mehr aus. Das Monster feiert eine Party! Unaufgefordert!
Keine Angst vor Veränderung!
Manchmal läuft es einfach nicht mehr so wie es soll und der Blutzucker geht seinen eigenen Weg. Man kommt ins Grübeln. Woran kann es liegen? Ist es mal wieder Zeit, die Therapie genau unter die Lupe zu nehmen? Die Kohlenhydrat-oder Korrektur-Faktoren zum Beispiel? Oft stimmen die einst errechneten Faktoren nicht mehr und müssen neu berechnet werden. Unsere Körper sind leider keine Maschinen und somit kann sich der Bedarf an Mahlzeiten- und Korrektur-Insulin schon mal ändern.
Ich habe leider in den Jahren meiner Monsterzähmer-Karriere oft den Fehler gemacht NUR bei meiner Basaleinstellung den Fehler zu suchen. Nach einigen Basalratentests, die durchaus positiv ausgegangen sind, habe ich mich aber dann mit meinen Faktoren einmal intensiv auseinandergesetzt.
Anfangs habe ich wild die Kohlenhydrat- und Korrektur-Faktoren aufgestockt oder gekürzt. Ging natürlich nach hinten los. Hypos und Hypers in einer Reihe.
Das passiert aber nicht, wenn man da ein wenig mit System rangeht und ein paar Regeln befolgt. Also: Augen auf und Tagebuch zur Hand. Dokumentation ist schon mal der erste Schritt, dem Fehler auf die Schliche zu kommen. Mit den Kohlenhydrat-und Korrektur-Faktoren solltest du erst anfangen zu hantieren, wenn du sicher bist, dass mit der Basalrate alles stimmt

Was vor Test des Kohlenhydrat-Faktors zu beachten ist:
- Die letzte Insulingabe und Mahlzeit liegen mindestens 4 Stunden zurück. Die letzte Mahlzeit vor dem Test sollte möglichst eiweiß- und fettarm sein.
- Notwendiger Ausgangszucker vor dem Test: 90-180 mg/dl (5-10 mmol/l)
- Der Test sollte nur bei stabilem Glukoseverlauf durchgeführt werden. (bei CGM und FGM-Trägern: horizontaler Trendpfeil)
- Mindestens 6 Stunden vorher keine Werte < 70 mg/dl (4 mmol/l) (Stichwort: Gegenregulation)
- 12 Stunden vorher keine außergewöhnliche ungewohnte sportliche Aktivität
- 12 Stunden vorher keinen Alkohol konsumieren
- Körperliches Wohlbefinden (kein starker Stress, keinen Infekt oder Fieber…)
Test des Kohlenhydrat-Faktors
- Insulingabe für eine Mahlzeit nach dem aktuellen Kohlenhydrat-Faktor.
- Einnahme einer Mahlzeit aus reinen Kohlenhydraten (z.B. 3 BE/KE Brot oder Nudeln). Bei diesen Test-Mahlzeiten nicht experimentieren - am besten genau abwiegen.
- Blutzucker nach 1, 2, 3 und 4 Stunden messen.
- Im Falle einer Unterzuckerung <70 mg/dl (3,9 mmol/l) den Test unbedingt abbrechen und Traubenzucker einnehmen!

Der Test wird, je nach Bedarf, zu verschiedenen Tageszeiten durchgeführt. Alles in einem Rutsch wäre praktisch, führt aber zu falschen Ergebnissen. Hier setzt der Hungerstoffwechsel ein, es bilden sich Ketonkörper, welche die Insulinwirkung deutlich abschwächen. Wenn vor dem jeweiligen Abschnitt alle oben genannten Bedingungen erfüllt sind, lässt man für den entsprechenden Testzeitraum die Haupt- und Zwischenmahlzeiten aus.
Jede Tageszeit kann einen anderen Faktor erfordern. Morgens beispielsweise ist unser Insulinbedarf aufgrund der vermehrten körpereigenen Bildung von Cortisol erhöht. Dieses Hormon ist ein Gegenspieler zum Insulin. Das bedeutet, dass man in der Regel am Morgen mehr Insulin benötigt für die verzehrten Kohlenhydrate oder um den Blutzucker zu senken als mittags.
Die Auswertung des Kohlenhydrat-Faktor-Test
So wie beim Basalratentest ist es sinnvoll, alle Tests 2 mal durchzuführen um Trugschlüssen aus dem Weg zu gehen. Kohlenhydrat-Faktoren berechnen geht zwar recht flott, sollte aber gewissenhaft gemacht werden! Sinn macht es auch mal, einen Blick auf den Spritz-Ess-Abstand zu werfen. Dieser richtig eingesetzt, kann auch Achterbahnfahrten nach dem Essen abschwächen. Sogar bei kurzwirksamen Analoginsulinen können je nach Mahlzeit bis zu 20 Minuten nötig sein.
Nach 4 Stunden sollte der Zucker ca. wieder beim Ausgangswert sein +/-30 mg/dl (1,7 mmol/l). Ist er deutlich drunter, ist der Kohlenhydrat-Faktor zu hoch gewählt, liegt er darüber, ist er zu niedrig gewählt.
Bei der Anpassung der Faktoren ist es ratsam, in kleinen Schritten vorzugehen. Sprich Änderungen mit deinem/deiner behandelnden Arzt/Ärztin ab.
Was vor Test des Korrektur-Faktors zu beachten ist:
Die Voraussetzungen vor dem Test sind ähnlich wie vor dem Kohlenhydratfaktor-Test nur, dass es hier natürlich einen erhöhten Wert bedarf, anstelle von stabilen Gluksoeverläufen im Zielbereich.
Starte den Test wenn dein Blutzucker über 200 mg/dl (11,1 mmol/l) liegt und du bis zur nächsten Mahlzeit 4 Stunden warten kannst.
- Die letzte Insulingabe und Mahlzeit liegen 4 Stunden zurück.
Die letzte Mahlzeit vor dem Test sollte möglichst eiweiß- und fettarm sein. - mindestens 6 Stunden vorher keine Werte < 70 mg/dl (4 mmol/l) (Stichwort: Gegenregulation)
- 12 Stunden vor dem Test keine außergewöhnliche, ungewohnte sportliche Aktivität
- 12 Stunden vor dem Test keinen Alkohol konsumieren
- Körperliches Wohlbefinden (kein starker Stress, keinen Infekt oder Fieber…)
- Kläre mit deiner Ärztin/ Arzt was dein genauer Zielwert für die Glukosewerte sein soll.
Test des Korrektur-Faktors
- Korrigiere einen erhöhten Blutzucker über 200 mg/dl (11,1 mmol/l), der nicht länger als 4 Stunden erhöht ist, nach dem aktuellen Korrekturfaktor. Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes sollte keine Stoffwechselentgleisung mit Ketonen vorliegen.
- Nimm keine Kohlenhydrate zu dir.
- Blutzuckermessen nach 1, 2, 3 und 4 Stunden. Miss öfters, wenn dein Blutzucker schnell abfällt.
- Stoppe den Test , wenn dein Zucker nicht abfällt oder du zu stark abfällst. Im Falle einer Unterzuckerung <70 mg/dl (3,9 mmol/l) den Test unbedingt abbrechen und Traubenzucker einnehmen!
Die Auswertung des Kohlenhydrat-Faktor-Tests
Nach 4 Stunden sollte der Zucker ca. wieder beim Ausgangswert sein +/-30 mg/dl (1,7 mmol/l). Ist er deutlich drunter, ist der Korrekturfaktor zu streng gewählt, liegt er darüber, ist er zu groß gewählt. Je kleiner die Zahl der Korrekturschrittgröße, desto stärker die Korrektur. Sprich auch hier Änderungen mit deinem/deiner behandelnden Arzt/Ärztin ab.
Tipp: Wenn du die mySugr Tagebuch App zur Dokumentation verwendest, kannst du auch die Suchfunktion nutzen, um deinen Faktoren-Test ganz easy immer wieder zu finden. Dafür einfach jeden Eintrag während deines Tests mit einer Notiz "Faktoren-Test" versehen.
In der Ruhe liegt die Kraft
Auch wenn es nicht auf Anhieb mit den angepassten Faktoren hinhaut, nicht das Handtuch werfen. Teste ein paar Tage die neuen Faktoren. Es ist ein bisschen Aufwand, aber am Ende lohnt es sich!
Quellen:
Subito und Flash Schulungsprogramm
Walsh J. Roberts R, Carma C, Bailey T, Using Insulin, 2003
Dieser Artikel wurde im September 2020 überarbeitet.

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